Case Study: Gut beraten durch informative Illustrationen zum Thema Stromsperre

 

Die Ausgangssituation: Wie informiert man ausführlich trotz Sprachbarrieren?

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist wie die ganze Organisation vom Staat beauftragt, sich dem Verbraucherschutz zu widmen und zu verschiedensten Themen Beratungsdienstleistungen anzubieten. Eines dieser Themen ist Energiearmut.

Für das Projekt „NRW bekämpft Energiearmut“ sollte eine kompakte Broschüre entwickelt werden, welche darüber informiert, wie es zu einer Stromsperre kommen kann und vor allem wie man sie wieder auflöst.

Dabei gab es eine große Herausforderung: 

Man möchte zu diesem Thema besonders Menschen mit Sprach- und Lesebarrieren erreichen, die durch die überwiegend schriftlichen Medien nicht geeignet angesprochen werden können.

Die Frage war also zunächst, wie man Menschen anspricht, die die verwendete Sprache nicht ausreichend beherrschen, um komplexe Texte zu erfassen. Um das zu erreichen, strebte die Verbraucherzentrale NRW die Nutzung einer einfachen Sprache in Kombination mit einer bildhaften Darstellung an.

An diesem Punkt kam ich als Illustratorin ins Spiel. Denn die wohl universellste Sprache der Welt beherrsche ich fließend: Bilder. Es heißt schließlich nicht umsonst, dass Bilder mehr als tausend Worte sagen. Doch weshalb wurden keine Fotos genutzt?

Fotografien können selten das transportieren, was eine Illustration kann. Das liegt vor allem daran, dass besonders informative Illustrationen ganz individuell auf den Inhalt zugeschnitten werden können. Fotografieren, kann man immer nur das, was wirklich zu sehen ist. Illustrieren kann man alles – und Informationen eben besonders gut.

Während die Grafik Designerin Monique Voigt aus Berlin das Layout der Broschüre übernehmen sollte, wurde ich also damit beauftragt, die Texte möglichst treffend in informative Illustrationen zu übersetzen.

Die dafür darzustellenden Themen waren:

1. Sind Stromkosten in den Nebenkosten enthalten?

2. Wie entsteht ein Vertrag mit dem Energieversorger?

3. Wie behält man seine Stromverbrauch im Blick?

4. Wie kommt es zur Stromsperre?

5. Welche Folgen hat eine Stromsperre?

6. Was kann man selbst dafür tun, eine Stromsperre wieder aufzulösen?

7. Was kann die Verbraucherzentrale für Betroffene tun?

Außerdem sollte auch eine Titelillustration erstellt werden, welche die Aussage „Eine Sperre fällt nicht vom Himmel“ widerspiegelt.

 

Die Lösung: Informative Illustrationen als multilinguales Sprachrohr

Von besonderer Wichtigkeit bei einer Infobroschüre ist es, dass der Leser bzw. Betrachter sich darin wiederfindet und wirklich das Gefühl hat in einer Beratungssituation zu stecken. Es ist also mehr als sinnvoll ihn direkt einzubinden.

Deshalb hat man sich dafür entschieden, dass nicht nur die Beratungsinhalte dargestellt werden, sondern auch die Beteiligten. Dafür entwickelte ich insgesamt 3 Charaktere: den Betroffenen, den Techniker sowie den Berater. Mit diesen drei Figuren wurde aus der reinen Information ein Storytelling – und der Protagonist ist der Leser selbst.

Er steckt den Stecker in die Steckdose seiner neuen Wohnung und schließt dabei automatisch einen Vertrag mit dem Energieversorger ab. Die durch den Stromverbrauch anfallenden Kosten kann er jedoch nicht zahlen. Von Mahnung zu Mahnung verzweifelt er mehr bis schließlich ein Techniker kommt und ihm den Strom abstellt. Nun sitzt er im Dunkeln. Doch er weiß, wie er sich selbst helfen kann und, dass auch die Verbraucherzentrale ihn dabei unterstützen wird, die Stromsperre wieder aufzulösen.

Die Basis für diese „Geschichte“ bildeten die Vorstellungen der Verbraucherzentrale NRW. Diese wurden zum Großteil als Text geliefert, zur besseren Darstellung teilweise aber auch als grobe Skizze, welche ich dann weiterentwickelte.

Aus der sehr sachlichen Skizze der Verbraucherzentrale zur Frage „Wie entsteht ein Stromvertrag?“ wurde so ein fast schon gemütliches Wohnzimmer-Setting geschaffen, in dem sich der Betrachter schnell selbst wiederfindet und ihm im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht aufgeht.

Für die Umsetzung gab es lediglich zwei Vorgaben: die Motive sollen informieren und eine freundliche Beratung widerspiegeln. Beides wurde vor allem dadurch erreicht, dass man auf die Verwendung von Figuren setzte und typische Farben sprechen ließ.

Die in verschiedenen Abstufungen verwendeten Farben stehen dabei für die Kernthemen der Broschüre: Stromsperre (Rot), Geld und Energie (Gelb), seriöse Beratung (Blau) und dem damit verbundene Ziel Ängste zu nehmen (Grün).

Was es noch alles zu bedenken gibt, wenn ein großer Teil der Zielgruppe aus völlig anderen Kultur- und Sprachkreisen entstammt, wurde bei der Umsetzung der informativen Illustration über die Entstehung einer Stromsperre klar. Dieser Prozess sollte als Zeitstrahl auf einer Doppelseite dargestellt werden. Zunächst unbeachtet blieb jedoch, dass eben dieser Großteil der Zielgruppe eine Leserichtung von rechts nach links gewohnt ist. In diese Richtung wäre die Information natürlich komplett entstellt gewesen.

Kleine Grafik, große Wirkung: eine Pfeilspitze musste also her, damit der Leser weiß wo es langgeht.

Das Ergebnis: eine Infobroschüre mit Feingefühl

Insgesamt entstanden also 12 informative Illustrationen zum Thema Stromsperre, welche die schriftlichen Informationen (in einfacher Sprache) visuell übersetzen.

Das wichtigste Ziel, nämlich „sprechende Bilder“, die keine weitere textliche Erläuterung benötigen, wurde dabei erreicht. So ist sichergestellt, dass die Verbraucherzentrale mit dieser Broschüre die Zielgruppe in jedem Fall gut beraten kann.

Doch was wären die tollsten Illustrationen ohne eine schöne Bühne? Monique Voigt hat für meine Arbeiten sowie die Informationen der Verbraucherzentrale NRW ein sehr ästhetisches Layout entwickelt und auch hier auf eine freundliche Farbwahl gesetzt.

Das Werk wurde schließlich auf stabiles Recyclingpapier gedruckt, welches wertig, aber auch bodenständig wirkt. Damit ist man auf jeden Fall nah an der Zielgruppe. Die Einteilung der Themen überrascht und begeistert. Die Seiten wurden als Registerkarte gestanzt, welche mit einem passenden Icon einen Hinweis auf die dort zu findende Informationen gibt.

Entstanden ist also ein Infobroschüre, die mit freundlichen und vor allem informativen Illustrationen (auch wortlos) erklärt was bei einer (drohenden) Stromsperre zu tun ist. Die Illustrationen und Texte finden in der hervorragend gestalteten Broschüre eine perfekte Bühne, die auch durch die Papierwahl und Druckweiterverarbeitung den Betrachter überzeugend beraten kann.

Fazit: Ein Mehrwert nicht nur für die „Leser“!

Rückblickend kann man in jedem Fall festhalten, dass die Entscheidung der Verbraucherzentrale NRW für das Projekt „NRW bekämpft Energiearmut“ erstmalig Illustrationen zu verwenden, durch und durch die richtige war.

Auf keine andere Weise hätte man so detaillierte Informationen über das Thema Stromsperre für Menschen mit Lese- und Sprachbarrieren anbieten können.

Die entstanden informativen Illustrationen kommunizieren nicht einfach Informationen – sie erzählen Informationen. Nur so kann dem Leser das Gefühl einer freundlichen Beratung und Unterstützung gegeben werden, in dem er wirklich das Gefühl hat im Mittelpunkt zu stehen. Dazu tragen vor allem die Figuren sowie die Farbwahl bei, aber in einem ganz besonderen Maß auch das gewählte Papier, welches eine gewisse Wärme und Menschlichkeit ausstrahlt.

Besonders durch die vielen neuen Mitbürger aus afrikanischen und arabischen Ländern, ist es durchaus denkbar, dass ähnliche Broschüren zu weiteren Themen folgen werden. Der dadurch entstehende Mehrwert für alle Beteiligten (Betroffene, Ämter, Dienstleister,…) würde auf jeden Fall sehr groß ausfallen und viele Vorgänge vereinfachen und beschleunigen.

Hier finden Sie dieses Projekt in meinem Portfolio


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